Ich liebe Geschichten. Und zu keiner Jahreszeit sind sie schöner als zur Weihnachtszeit. Sie schmecken nach Liebe und umhüllen einen wie eine warme Decke. Ich freue mich also, euch heute eine wahre Geschichte erzählen zu dürfen, auch wenn sie ein wenig ruppig beginnt:
Vor vielen Jahren hatten wir einen Weihnachtsbaum, den wir von einem befreundeten Waldbesitzer geschenkt bekommen haben. Er musste in jenem Jahr einige Fichten und Tannen umschneiden, weil sie zu dicht gepflanzt waren und dadurch nicht richtig Platz zum Wachsen hatten. Ich fand den Gedanken schön, dass nicht extra ein Baum sterben musste, nur weil wir für die paar Feiertage einen traditionellen Christbaum haben wollten. Doch leider war von meinem edlen Gedankengut nichts mehr übrig, als ich sah, was für ein armseeliges Exemplar für den Lichterglanz sorgen sollte. Die wenigen Äste des kargen Baumes neigten sich traurig nach unten und es war zu befürchtete, dass die paar noch vorhandenen Nadeln das Schmücken nicht überstehen würden. Es war später Nachmittag des Heiligabends, mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, wo ich jetzt noch einen ansehnlichen Baum auftreiben sollte und dabei hörte ich deutlich die Stimme in mir: „Weihnachten fällt heuer aus.“ All die Mühe für das Fest umsonst. Die Geschenke und Päckchen mit den dicken Schleifen und dem glänzenden Papier würden den Charakter des Baumes noch unterstreichen. Mir blieb also nur die Wahl zwischen keinen Baum zu haben oder diesen. Ich entschied mich für ihn und probierte, es mit etwas Humor zu nehmen. Das gelang mir nicht so richtig, weshalb ich die Strategie änderte und es mit Schönreden versuchte. Es war schließlich trotzdem Weihnachten, was machte es schon aus, dass unser Weihnachtsbaum keinen Schönheitspreis gewann. Aber mein Herz war schwer.
In der Nacht träumte ich von einem Wald voller Tannenbäume. Und alle schrien: „Nimm mich mit! Ich bin der Schönste!“ Doch dann flüsterte der Baum in meinem Wohnzimmer in mein Ohr: „Mir wurde die Ehre zuteil, der Weihnachtsbaum zu werden! Niemals zuvor hat mich jemand beachtet. Nicht einmal die Rehe wollten meine Triebe knabbern. Was bin ich glücklich. Vielen Dank dafür.“ Ich träumte mein eigenes kleines Weihnachtsmärchen.
Am nächsten Tag folgte dann der Albtraum. Die Familie kam zum Weihnachtsessen. Und mit ihr der Spott. Den ganzen Tag nur Sprüche, Schlauheiten und Interpretationen zum Baum. Kein Geschenk, kein Essen, nichts konnte ihm das Wasser in Sachen Aufmerksamkeit reichen.
Jetzt, Jahre später, kann ich berichten, dass dieser Baum jedes Weihnachten mindestens einmal erwähnt wird. Es ist kaum zu glauben, was er mir alles zu sagen hat, aber es kommt mir so vor, als hätte er jedes Jahr eine neue Botschaft für mich.
Letzte Woche war es wieder soweit. Als durch die Nachrichten ging, dass sich ganz Italien schämt für den Weihnachtsbaum in Rom, da läutete mein Telefon und ich hörte die kichernde Stimme, die sagte, dass Italien sich nicht so anstellen soll, die hätten schließlich nicht unseren Baum gesehen.
Meine Weihnachtsbotschaft 2017 lautet: Die Dinge an sich haben keine Bedeutung, bis wir ihnen eine geben. Ich möchte nicht auf Äußerlichkeit reduziert werden und will es auch bei anderen nicht tun und dabei sagt sie eine Menge über uns aus. Was und wie wir etwas wahrnehmen noch viel mehr! Schönheit liegt im Auge des Betrachters, doch manchmal sieht man in der Dunkelheit einfach besser!